Vom Gimpelhaus über den Normalweg auf den Gimpel
T4+ IISchwere Bergtour
Inhaltsverzeichnis
Der Gimpel ist sicher das beliebteste Ziel im Tourengebiet um das Gimpelhaus. Dabei führt kein auf zwei Beinen begehbarer Weg hoch zu seinem Gipfel. In der Regel trifft man an diesem Berg nur Kletterer sowie einige klassische Bergsteiger. Reine Wanderer müssen sich mit dem Blick von unten nach oben zufrieden geben, denn auch auf der leichtesten Route geht ohne den Einsatz der Hände nichts.
Die Schwierigkeiten dieser Bergtour bewegen sich auf dem Normalweg für fortgeschrittene Bergsteiger aber in beherrschbaren Rahmen.
Und auch Fußgänger die einmal mehr
erleben möchten bekommen auf der Normalroute Gelegenheit ihre persönliche Grenze zu verschieben.
Ohne gleich Kopf und Kragen riskieren zu müssen kann man am Gimpel einmal einen Zweier
antesten.
Stellt sich das Unterfangen doch als zu schwierig heraus, spendet der leichtere Nachbarn, die
Rote Flüh, gerne Trost - entschädigt in angemessenem Maße die entgangenen Alpin-Freuden.
Die konditionellen Anforderungen dieser überaus alpinen Wanderung sind dabei eher moderater Natur. Das Gimpelhaus ist schnell erreicht, von dort ist es nur ein Katzensprung bis zum Einstieg in die Fels-Route. Da der Berg oft von Kletterern zugleich von Gämsen belagert wird, müssen wir jederzeit mit Steinschlag rechnen. Also unbedingt einen Helm tragen! Die Tour lässt sich nicht nur gut mit der Roten Flüh verbinden, auch die Köllenspitze lässt sich prima mit dranhängen - vorausgesetzt der Konditionstank läuft noch nicht auf Reserve.
Die Bergtour über den Normalweg auf den Gimpel entspricht der Tourenkategorie Leichte Klettertouren
.
Anforderungen/Schwierigkeiten
Von Nesselwängle zum Gimpelhaus Wanderung auf gut angelegtem (aber steilem) Bergweg. Die Fortsetzung ins Gimpelkar, ferner bis zum Einstieg in die Felsroute nutzt ausgetretene Steige ohne geologische Schwierigkeiten. Die Linie durch den Fels windet sich über Steilaufschwünge (I, kurze Stellen II), sowie extremes Gehgelände zum Gipfel. In den Gehpassagen geht es oft sehr mühsam über Splitt. Grundkenntnisse im Klettern, außerdem ein Auge für die richtige Linie sind von Vorteil. Die Bergtour über den Normalweg ist konditionell eher moderat, außerhalb der Felsen auch orientierungsmäßig ohne Schwierigkeiten.
Ausgangspunkt
AT-6672 Nesselwängle
Wanderparkplatz an der B199 am westlichen Ende des Ortes.
GPS-Koordinaten:
Breitengrad: 47.488268
Längengrad: 10.599882
Hütten/Einkehr
Gimpelhaus
Tannheimer Hütte (etwas abseits der Route)
Orientierung
Der Einstieg in den Normalroute ist nicht so einfach zu finden, der Aufstieg durch die Schrofen nur sporadisch durch Farbe vorgegeben. Außerhalb dessen sind die Wege auf dieser Bergtour ausreichend markiert und werden auf Wegweisern angezeigt.
Ausrüstung
Wissenswertes
Die Tannheimer Berge, insbesondere das Revier um das Gimpelhaus, ist das Kletterzentrum der Allgäuer Alpen. Grund dafür ist die von den übrigen Allgäuer Felsbergen abweichende, kletterfreundlichere Geologie. Während weite Teile der Allgäuer Berglandschaft von mürbem, unter Belastung zerbröselnden Hauptdolomit geprägt ist, bestehen die Tannheimer Berge aus robustem, widerstandsfähigen Wettersteinkalk. Damit bieten die Tannheimer weitaus freundlichere Bedingungen für Routen durch senkrechte Wände, lassen sich besser absichern und sind weniger steinschlaggefährdet.
Wanderung von Nesselwängle zum Gimpelhaus
T2
Unser Bergtour beginnt an der Hauptverkehrsstraße durch das Tannheimer Tal, der B199, am Parkplatz am westlichen Ende von Nesselwängle (1.150 m), direkt neben dem Neuschwandlift (Schlepplift der nur im Winter in Betrieb ist).
Wir verlassen den gebührenpflichtigen Parkplatz an seinem östlichen Ende, wandern linker Hand dem Wegweiser Gimpelhaus
durch eine Baumparzelle nach.
Wenige Meter später mündet unser Aufstieg in ein querendes Sträßchen, in das rechts haltend eingefädelt wird.
Der Panoramaweg navigiert aussichtsreich oberhalb von Nesselwängle in östliche Tendenz.
Unmittelbar nachdem der Föllebach passiert wurde, entspringt linksseitig ein schmaler Steig - unser Anschluss zum Gimpelhaus. In Folge über den Wasserlauf des Gallenbach, danach linksschwenkend in den kreuzenden Ziehweg einfädeln. Wer den Anschluss verpasst kann ohne Bedenken auf dem Panoramaweg bleiben. Der Forstschritt trifft nämlich auf die Materialseilbahn-Talstation des Gimpelhauses. Kurz dahinter besteht nochmal die Möglichkeit die korrekte Route wieder aufzunehmen. Dafür zwischen dem Versorgungslift und dem Hotel Berghof links abdrehen, folglich in zwei Kehren unter dem Seilbahnkabel durch. An der zweiten Kehre treffen beide Varianten wieder aufeinander.
Die Route passiert ein weiteres mal den Draht der Nachschubtechnik. Jenseits an der nächsten Möglichkeit die Piste linker Hand verlassen - in den Weg 415 einfädeln. Trifft man auf den Tiefenbach respektive die Materialseilbahn der Tannheimer Hütte ist man zu weit gegangen. Die Führe zieht steil in den Wald, vollzieht eine scharfe Kehre. Der erdige Untergrund kann sich bei Nässe als tückisch herausstellen. Bei entsprechenden Bedingungen hat die Trasse den Charakter einer schmierigen Schlammpiste.
Die Fortsetzung erweist sich als wenig spektakulär, ist ein wenig eintönig. Im Zick Zack erarbeiten wir uns schnell Höhenmeter. Das Gelände wird felsiger, die Botanik hagerer. Zumindest gibt es immer wieder kleine Ausgucklöcher, aus denen man die zunehmend attraktiver werdende Aussicht bestaunen kann. Die Weiterführung trifft auf eine (unschwierige) Felsschwelle, die übertrieben mit einem Drahtseil gesichert ist. Derweilen verläuft über unseren Köpfen wieder das Kabel des Gimpelhauslifts. Zweimal unterqueren wir dieses, stehen sogleich vor dem Gimpelhaus (1.659 m) - welches aussichtsreich auf einem Geländebalkon gelegen ist.
Bergtour vom Gimpelhaus über den Normalweg auf den Gimpel
T4+ IIUnser nächstes Ziel ist das Gimpelkar. Hinter dem Gimpelhaus verzweigt sich der Steig mehrmals, entsendete diverse Äst in unterschiedliche Richtungen. Welche man dabei nimmt spielt keine so große Rolle. Alle können als Zubringer zur Geröllwüste genutzt werden. Nur der ganz rechte Ast in Richtung Tannheimer Hütte erweist sich für die Fortsetzung als nicht ganz optimale Variante.
Zunächst wird nach rechts ausweichend die steile Südwand der Roten Flüh umgangen. Weiter oben öffnet sich das Terrain und der Zugang zum Gimpelkar wird offensichtlich. Links halten, am Wegweiser 417 in Richtung Judenscharte/Rote Flüh orientieren. Bei nächster Gelegenheit aber den ausgeschilderten Wanderweg rechter Hand verlassen. Im Geröll den Felssockel des Gimpel via auffälliger Spur nachlaufen. An diesem Punkt sollte bereits ein Helm getragen werden. Die Gefahr von Steinschlag ist schon auf dieser Etappe nicht zu unterschätzen! Die Traverse unterhalb des Felsen navigiert bis zum Einstieg in den Normalweg (1.920 m) - unübersehbar angezeigt von einem großen roten Pfeil.
Die Gimpel-Normalroute beginnt mit einem satten Steilaufschwung. Im robusten, abgegriffenen Gestein wird diese erste Barriere überwunden (I+). Ein Stück oberhalb zeigt ein gelb-schwarzes Dreieck mit der Nummer 422 die ideale Linie an. Der Händeeinsatz hat ein baldiges Ende, das Gefilde legt sich in der Neigung wieder zurück. Es folgt extremes Gehgelände, das jedoch auf Grund des kleinkörnigen Splitts sehr unangenehm zu begehen ist. Im Eiertanz kämpfen wir uns Meter um Meter die Südflanke des Gimpel empor - gewinnen so den aussichtsreichen Ostgrat (2.060 m).
Nach links (westwärts) setzt sich der Gipfelsturm fort. Über einen schmalen, exponierten Pfad geht es mit dem finalen Aufschwung auf Tuchfühlung. Auf allen Vieren steil nach oben klettern (I-II). Der grifffreudige Fels bietet dabei zahlreiche Varianten an. Die Ideallinie ist jedoch mit roten Punkte eingefärbt. Die Turnerei in moderatem Schwierigkeitsgrad endet direkt am Gimpel-Gipfelkreuz (2.173 m). Das Fundament der stattlichen Gipfelmarkierung könnte man fast als letzten Haltegriff missbrauchen. Sobald wir wieder aufrecht stehen können und unsere Anspannung auf Grund der überwundenen Schwierigkeiten nachgelassen hat, steht dem Konsum des umfangreichen Allgäupanorama nichts mehr im Wege.
Unter voller Konzentration klettern wir zurück zum Ostgrat ab, steigen den splittüberzogenen Normalweg abwärts ins Gimpelkar. Von hier auf bekanntem Weg zurück zum Gimpelhaus. Mit der bekannten Wanderung via Aufstiegslinie retour nach Nesselwängle und zurück zu unserem Ausgangspunkt.
Autor (Bilder und Texte): Andreas
Bewertung
Reviewer: Andreas