AT › Tirol › Allgäuer Alpen › Tannheimer Berge
Köllenspitze
(Kellenspitze)
(2.238 m)

Von der Tannheimer Hütte über den Normalweg auf die Köllenspitze

T4+ II

Schwere Bergtour

 ca. 1.100 Hm   ca. 10,0 Km  ca. 6 Stunden
Inhaltsverzeichnis
Die Köllenspitze gesehen von der Roten Flüh
Die Köllenspitze gesehen von der Roten Flüh

Der Gipfel der Köllenspitze (auch Kellenspitze geschrieben) repräsentiert den geologischen Zenit der Tannheimer Berge. Das Bollwerk ist Tätigungsbereich verschiedener Bergsportarten, glänzt mit dem Prädikat alpin. Es ist ausschließlich erfahrenen Bergsteigern zugänglich. Zum Beispiel zieht durch die Südwand ein herzhafter Eisenweg hinauf zum höchsten Punkt. Dieser wurde über besonders sportlichen Raum gelegt, verlangt dem Klettersteiggehern einiges an Können nebst Durchhaltevermögen ab (Schwierigkeitsgrad D). Kletterer nutzen indes den Westgrat für ihr Streben in die oberste Etage. Für eine Klettertour sind die Schwierigkeiten auf dieser Kante hingegen moderater Natur. Die Führe wird deshalb oft zu Ausbildungszwecken begangen.

Der klassische Bergsteiger erhält mittels Nordwestrinne (der Normalweg) Zugang zum Dach. Normal ist hier jedoch recht wenig und von einem richtigen Weg kann auch nicht wirklich gesprochen werden. Es ist die Linie von Seilartisten und Kabelakrobaten, die nach erfolgreichem Gipfelsturm als Abstieg genutzt wird. Sie führt unter beherztem Einsatz der Hände (I; eine Stelle II) durch abschüssiges Bruchgefilde. Im Frühsommer erschweren oft widerstandsfähige Altschneefelder den Normalweg-Aufstieg - was eine Begehung noch schwieriger, manchmal auch unmöglich machen kann.

Dank des gehobenem Schwierigkeitsniveau geht es an der Köllenspitze deutlich zurückhaltender zu als am kletterattraktiveren Gimpel oder auf der überfüllten Wanderung zur Roten Flüh. Beide Trabanten stellen aber empfehlenswerte Dreingaben dar, falls man am Ende der Kellenspitze-Bergtour nicht ausgepowert ist. Bei gebeutelter Kondition kann hingegen in der urigen Tannheimer Hütte oder im stattlichen Gimpelhaus eine Matratze bezogen werden. Dann lässt sich am nächsten Tag das restliche Revier weitaus entspannter erforschen.

Die Bergtour über den Normalweg zur Köllenspitze entspricht der Tourenkategorie Leichte Klettertouren.

 Bilder  Karte  GPS-Track
Blick vom Gimpelhaus auf die Köllenspitze
Blick vom Gimpelhaus auf die Köllenspitze

Anforderungen/Schwierigkeiten

Von Nesselwängle über das Gimpelhaus mit Ziel Tannheimer Hütte auf gewarteter, aber respektabel geneigter Bergpfad-Trasse. Die Fortsetzung zur Nesselwängler Scharte ist gleichlautend, im Bereich der Felswände hingegen von erhöhter Steinschlaggefahr. Bis zu diesem Punkt ordentlich ausgewiesen. Auf dem Normalweg zunächst Grassteig, dann ruppige, brüchige Schrofen inklusive heftiger Front- und Seitenneigung. Mehrere Kletterstellen des Schwierigkeitsgrad I. Schlüsselstelle ist eine extrem steinschlaggefährdete Rinne, respektive ein Felsblock darin. Dieser Brocken ist zwar mit einem Seil, zudem mit einer Tritthilfe entschärft, tangiert im Niveau aber trotzdem den II. Grad. Die Gipfellinie wird jenseits der Nesselwängler Scharte nur sporadisch mittels farbiger Punkte angezeigt. Makelloses Trittverhalten nebst Gleichgültigkeit gegenüber ausschweifenden Tiefblicken ist Grundvoraussetzungen für die Begehung des Normalweg. In den Schrofen ein gutes Auge für die Kolorierung, dazu etwas Gespür für den richtigen Kurs nötig. Konditionell ist diese alpine Bergtour eher von durchschnittlichem Format.

Ausgangspunkt

AT-6672 Nesselwängle
Wanderparkplatz an der B199 am westlichen Ende des Ortes.
GPS-Koordinaten:
Breitengrad: 47.488268
Längengrad: 10.599882

Hütten/Einkehr

Gimpelhaus
Tannheimer Hütte

Orientierung

Vom Ausgangspunkt bis zur Nesselwängler Scharte kritiklos ausgeschildert. Der Anschluss wird bis zum Gipfel nur von dürftigen Begehungsspuren, zusätzlich von einigen Farbklecksen dargestellt.

Ausrüstung

Bergausrüstung

Wissenswertes

Bis Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die Köllenspitze umgangssprachlich als Metzenarsch tituliert. Ausschlaggebend für die Namensänderung war wohl eine bevorstehende Kommunikation bezüglich des Berges mit der königlichen Gesellschaft. Die Bezeichnung Metzenarsch hielt man für zu anstößig, griff beim Informationsaustausch mit den Oberen auf den heute geläufigen Namen zurück.

Höhenprofil
P Bergour Köllenspitze über Normalweg Elevation profile for Bergour Köllenspitze über Normalweg 0 2 km 4 km 6 km 8 km 10,0 km 2.000 m 1.800 m 1.600 m 1.400 m 1.200 m Nesselwängle 1.150 m Gimpelhaus 1.659 m Tannheimer Hütte 1.760 m Nesselwängler Scharte 2.006 m Köllenspitze 2.238 m Nesselwängler Scharte 2.006 m Tannheimer Hütte 1.760 m Gimpelhaus 1.659 m Nesselwängle 1.150 m
Tourenbeschreibung: Aufstieg

Wanderung von Nesselwängle über das Gimpelhaus zur Tannheimer Hütte

T2

Vom Wanderparkplatz (1.150 m) an der B199 an sein östliches Ende vorpreschen. Dort nimmt unsere Wanderung zum ersten Etappenziel, dem Gimpelhaus, Kurs auf. Der Richtungspfeil für die ausgeschilderte Schutzhütte schickt uns durch eine Waldschneise empor zu einer Kreuzung. An dem Wegknoten rechtsseitig in das querende Sträßchen einfädeln. Die Promenade flaniert oberhalb von Nesselwängle mit instruktiver Perspektive auf Krinnenspitze und Hahnenkamm. Nach ca. 1 km darf unser Anschluss linker Hand zum Gimpelhaus nicht versäumt werden. Beim Zusammenstoß mit dem Wasserlauf des Tiefenbach dreht unsere Exkursion in einen typischen Bergpfad ein. Zunächst erdig (bei Nässe oft rutschig), später unter punktueller Felsauflage den Steig bergan. Das stetig an Höhe gewinnende Slalom durch das Gelände erweist sich als sehr langwierig. Ein Durchschlupf unter dem Kabel der Materialseilbahn plus eine kurze, gesicherte Engstelle entlassen uns schließlich am stattlichen Gimpelhaus (1.659 m). Wir wollen jedoch zur Tannheimer Hütte, gehen deshalb an der privat geführten Unterkunft vorbei. Hinter dem Gimpelhaus die Spur in den Pfad ganz zur Rechten aufnehmen. Folglich in einem flachen Rechtsbogen in wenigen Minuten zur Tannheimer Hütte (1.760 m) hinüber queren.

Von der Tannheimer Hütte über den Normalweg auf den Gipfel der Köllenspitze

T4+ II

Oberhalb der Tannheimer Hütte findet unsere Bergtour Anschluss. Die Beschilderung Nesselwängler Scharte gibt die Route vor. Wir betreten den weitläufigen Vorhof der imposanten Zwerchenwand, nähern uns (zunehmend im Geröll) den senkrechten Wänden. In den begrünten Hängen können oft Gämsen beobachtet werden. Die wenig scheuen Tiere äsen oft unmittelbar neben den Wanderwegen.

Die urige Tannheimer Hütte ist der zweite potentielle Stützpunkt
Die urige Tannheimer Hütte ist der zweite potentielle Stützpunkt

Unsere Führe traversiert mit östlicher Tendenz am Sockel der Felsfluchten. Zu unserer Sicherheit sollte bereits ab diesem Punkt ein Steinschlaghelm getragen werden. Mittels scharfem Linksknick in wenigen Schritten hoch zum Einschnitt zwischen Zwerchenwand und Köllenspitze - der Nesselwängler Scharte (2.006 m). Der Vorhang der Theaterbühne des Raintal öffnet sich, mit der knapp 500 Höhenmeter tiefer gelegene Otto-Mayr-Hütte in Umrahmung der Großen Schlicke.

Ab hier wird unsere zünftige Wanderung von keinem Wegweiser mehr angezeigt, müssen wir aufmerksam nach roten Punkten suchen. Von der Scharte zunächst Richtung Raintal abwärts, doch wenig Meter jenseits scharf rechts in eine augenscheinliche Pfadspur einfädeln - dem Einlass in den Normalweg. In den Grasschrofen kommen erstmalig die Hände zum Einsatz - was allerdings nur eine Vorübung auf die nachfolgende alpine Vorstellung darstellt. Bald folgt ein 10-m-Abbruch - an dem es richtig ernst wird! Unter voller Konzentration wird die Senkrechte an einer schmalen Rippe (I) abwärts gemeistert. Infolge des schattigen Terrain wird Altschnee hier besonders lange konserviert. Die Bedingungen können im Frühsommer immer noch so prekär sein, das eine Begehung unmöglich wird.

Kletterpassage an der Köllenspitze
Kletterpassage an der Köllenspitze

In heftiger Seitenneigung zu einem Aufschwung traversieren. Rechtsschwenkend über die Barriere hinweg. In einem Bogen wieder quer durch heikles Seitengefälle (I), sowie zum Einstieg in die Nordwestrinne. Die enge Felsschlucht ist von oben bis unten von potentiellen Geschossen eingenommen. Sollten andere Bergsteiger gerade den Schlauch auf- oder absteigen, muss vermehrt mit Steinsalven gerechnet werden. Behutsam nebst viel Feingefühl die Rinne langsam empor arbeiten. Etwa in der Mitte wartet die Schlüsselstelle des Normalwegs. Ein übergroßer, glatter Felsblock versperrt unser Streben gen Gipfel. Mittels eins kurzen Kabels, ferner einer Tritthilfe um das Hindernis herum hangeln (II). Die Rinne entlässt uns an einer engen Scharte wenig unterhalb des Gipfels. Rechts haltend gewinnen wir in wenigen Schritten das Kreuz der Köllenspitze am höchsten Punkt (2.238 m).

Die Lage der Köllenspitze in Verbindung mit ihrer dominanter Höhe bietet Landschaftskino vom Feinsten: Schaustück ist das alpine Szenario hinweg über die Zwerchenwand zu Gimpel und Rote Flüh - kontrastreich flaniert vom schimmernden Haldensee sowie dem grünen Schlauch des Tannheimer Tal. Die gezahnte Skyline, erschaffen durch die Berg-VIPs von Wetterstein, Lechtal und Allgäu, bemüht sich redlich um Aufmerksamkeit, ist aber bei diesen effektvollen Nahblicken nur schmückendes Beiwerk.

Tourenbeschreibung: Abstieg

Unter voller Konzentration kraxeln wir die Gipfelrinne abwärts, meistern die Schrofenquergänge, klettern wieder den 10-m-Abbruch hinauf. Über die Nesselwängler Scharte zurück zum Gimpelhaus, zuletzt mittels bekannter Wanderung retour zum Ausgangspunkt.

Autor (Bilder und Texte): Andreas

Bewertung

Bergtour
Köllenspitze
Von der Tannheimer Hütte über den Normalweg auf die Köllenspitze
Die Köllenspitze gesehen von der Roten Flüh
Natur:
Schauwerte:
Erlebnisfaktor:
Einsamkeit:
Gesamt:
3.8 / 5
Schwieriger Aufstieg auf einen Berg der zumeist von Kletterern und Klettersteiggehern aufgesucht wird. Großartiger Rundumblick vom Gipfel.
Info zum Bewertungsschema

Diese Touren könnten Dir auch gefallen

Die Gehrenspitze - gesehen vom Sabachjoch
AT › Tirol › Allgäuer Alpen › Tannheimer Berge
(2.163 m)
Aus dem Tannheimer Tal über den Normalweg auf die Gehrenspitze
T4+ I+
Schwere Bergtour
 Tour entdecken
Der grasige Gipfelaufbau des Kegelkopfes
DE › Bayern › Allgäuer Alpen
(Kegelköpfe)
(1.959 m)
Überschreitung des Kegelkopfs von Spielmannsau nach Gerstruben
T4 I
Schwere Bergtour
 Tour entdecken