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Geißhorn
(2.366 m)

Ruppige Berg-Wanderung aus dem Kleinwalsertal auf das Geißhorn

T3

Bergtour

 1.240 Hm   15,2 Km  ca. 7 Stunden
Inhaltsverzeichnis
Der Gipfel des Geißhorn (Kleinwalsertal)
Der Gipfel des Geißhorn (Kleinwalsertal)

Manchmal verläuft eine Bergtour nicht ganz wie geplant. In diese Kategorie hat es meine Wanderung auf das Walser Geißhorn (im Süden des Kleinwalsertal gelegen) geschafft. Das Geißhorn (nicht zu verwechseln mit dem Namensvetter aus dem nahen Tannheimer Tal) ist der letzte Zacken eines mehrgipfeligen Bergstocks, der das Gemsteltal vom Wildental trennt. Ideale Voraussetzung um beide Täler über einen Rundkurs zur verbinden, obendrein das Vorhaben mit einem Gipfel zu krönen. Dabei ist das Geißhorn der einzige Dorn des Bergstock, der einen offiziellen Weg aufweist. Mangels Alternative war der Gipfel für die geplante Runde also gesetzt.

Die Wanderung durch das Gemsteltal verlief noch wie durchdacht. Am Koblatpass angekommen kamen mir jedoch erste Zweifel an dem planmäßigen Verlauf der Tour. Ein garstiger Föhnsturm mit üblen Böen tobte in dieser Höhenlage. Und es fehlten immer noch mehr als 300 Höhenmeter zum höchsten Punkt des Geißhorn. So einfach wollte ich mich indes nicht geschlagen geben! Mehrfach hatte ich auf der Linie durch die steile Gipfelflanke das Gefühl vom Sturm gleich aus dem Hang gefegt zu werden. Der Kampf mit dem Element, ferner das Durchhalten bis zum Gipfelkreuz hat sich wiederum sehr gelohnt. Das Geißhorn ist ein phänomenaler Aussichtsberg. Zudem sorgte der Föhn für dunstfreie Sichtverhältnisse. Spektakulär - die Fernsicht vom Geißhorn kannte an diesem Tag keine Grenzen!

Zurück am Koblatpass war ich mehr als bedient. Ausgekühlt sowie abgekämpft gab ich mich der strengen Zugluft geschlagen. Dem Sturm wollte ich mich nicht mehr länger als nötig aussetzen. Der Bogen in Richtung Mindelheimer Hütte, respektive zur Führe hinab in Wildental verlangt an diesem Punkt jedoch noch ein gutes Stück Strecke. Die Rückkehr über die nähere Aufstiegsroute durch das Gemsteltal war für mich die vernünftigere Wahl.

Sicherlich finde ich es schade, das ich die Runde nicht wie geplant schließen könnte. Enttäuscht bin ich demgegenüber nicht. Ganz sachlich betrachtet kann ich diesen Verhältnissen auch was positiv abgewinnen: Eine solch klare, schier endlose Fernsicht wie vom Geißhorn habe ich bisher nur selten in Augenschein nehmen dürfen. Es war ein Privileg an diesem Tag auf dem Scheitelpunkt dieses Berges stehen zu dürfen. Und ohne Föhnsturm wäre der Weitblick gewiss deutlich trüber zudem weniger detailreich ausgefallen.

 Bilder  Karte  GPS-Track
Panorama vom Koblat-Pass auf die Bühne der Lechtaler Alpen
Panorama vom Koblat-Pass auf die Bühne der Lechtaler Alpen

Anforderungen/Schwierigkeiten

Die Wanderung startet auf breiten, einfach zu begehenden Wege, welche sich bis zur Hinteren Gemstelalpe ausdehnen. Zwischen Hinterer und Oberer Gemstelalpe zieht ein schmaler Bergpfad hinweg über eine massive Geländestufe. Auf dieser Etappe gibt es ein paar kleinere Kraxlstellen die nach den Händen verlangen. Des Weiteren ist ein etwas abschüssiger Graben mit einem Seil gesichert. Die Expansion via Koblatpass zum Zenit nutzt ausschließlich Gehgelände. Die Patschen kommen nicht mehr zum Einsatz. Doch im Gipfelhang ist das Gefilde heftig geneigt, obendrein reichhaltig mit Geröll geladen. Auf der Tour zum Geißhorn muss der Wanderer vor allem eine ausdauerstarke Konstitution mitbringen. Die technischen Erschwernisse sind hingegen kaum der Rede werden - man kann fast noch von einer Berg-Wanderung sprechen.

Ausgangspunkt

AT-6993 Mittelberg
Wanderparkplatz an der Bödmerstraße
GPS-Koordinaten:
Breitengrad: 47.313330
Längengrad: 10.141023

Hütten/Einkehr

Bernhardsgemstelalpe
Hintere Gemstelalpe
Obere Gemstelalpe

Orientierung

Die Ausschilderung durch das Gemsteltal ferner hinauf zum Koblatpass fällt mustergültig aus. Oberhalb des Koblatpass darf die Abzweigung in die Geißhorn-Gipfelflanke nicht verpasst werden. Ein Wegweiser ist aber auch hier präsent.

Höhenprofil
P Wanderung Geisshorn Kleinwalsertal Elevation profile for Wanderung Geisshorn Kleinwalsertal 0 2 km 4 km 6 km 8 km 10 km 12 km 14 km 15,2 km 2.200 m 2.000 m 1.800 m 1.600 m 1.400 m 1.200 m Mittelberg 1.170 m Hintere Gemstelalpe 1.310 m Obere Gemstelalpe 1.694 m Koblatpass 2.045 m Walser Geißhorn 2.366 m Koblatpass 2.045 m Obere Gemstelalpe 1.694 m Hintere Gemstelalpe 1.310 m Mittelberg 1.170 m
Tourenbeschreibung: Aufstieg

Aus dem Kleinwalsertal zur Oberen Gemstelalpe

T3

Vom Parkplatz an der Bödmerstraße in Mittelberg (1.170 m) zur Breitach hinab. In Direktion des Breitachweg linksschwenkend der Fließrichtung des Wasser nachlaufen. Nach rund 300 Meter verbindet sich unsere planierte Bahn mit dem von links einziehenden Gemstelweg. Die gemeinsame Linie wechselt auf die andere Seite der Breitach. Der Standort vor der Brücke offeriert einen ersten Blick auf unser Ziel. Das Geißhorn präsentiert sich aus dieser Perspektive als abweisendes Gemäuer. Dieses Abbild lässt kaum die Vermutung aufkommen, das der Berg im Rahmen einer wenig schwierigen Exkursion erwandert werden kann.

Die Obere Gemstelalpe hoch über dem Gemsteltal
Die Obere Gemstelalpe hoch über dem Gemsteltal

Jenseits der Brücke nicht hoch zu den Häuser marschieren, sondern weiter dem Wasserstrom die Treue halten. Der Fortgang wird abrupt durch das Nass des Gemstelbach (welcher die Breitach speist) unterbrochen. Am Zufluss rechter Hand abdrehen. Der Richtungswechsel ist gleichzeitig die Tür zum Gemsteltal - welches folglich bis zum Ende durchwandert wird. Kurz nach der Kurskorrektur offeriert sich linksseitig ein Seitenwechsel via Brücke - welchem jedoch keine Aufmerksamkeit geschenkt wird. Eine Lichtung wird bis zu ihrem Ende nachgelaufen. Hierauf an der kommenden Verzweigung für den rechten Ast entscheiden. Das weitere Programm entpuppt sich als lieblicher Spaziergang talein. Der Winkel nach oben verbleibt dabei in einer verhaltenen Größenordnung - der Genuss steht im Vordergrund. Der übersichtliche Bezirk kündigt schon von weitem die erste Einkehrmöglichkeit an. Gut 45 Minuten nach Start trödelt die Wanderung an Bernhardsgemstelalpe (1.270 m) vorbei. Schon 10 Minuten später verleiten die nächsten Zapfhähne zu einer Rast. Die Hintere Gemstelalpe (1.310 m) markiert gleichzeitig das Ende der planierten Wanderpromenade.

An der Terrasse der Berggaststätte in den augenscheinlichen, engen Pfad einfädeln. Das feste Fundament der Spur wird bald durch tückischen, haltlosen Kies abgelöst. Unsere Vorankommen wird von einem gewaltigen Geröllstrom gestört. Das Karlstor, die Einschartung zwischen Kleiner und Großer Widderstein dient dabei als Trichter, entlässt sämtliches lose Gestein in einer unermesslichen Welle gen Tal. Die Traverse der Steinhalde ist indes unproblematisch. Eine passable Fährte navigiert ans andere Ufer. Das Ende des Gemsteltal - repräsentiert durch eine voluminöse Geländestufe - ist erreicht. Im Zick Zack mogelt sich die Führe das Hindernis allmählich empor. An kleinen, schrofigen Hürden sind zur Unterstützung des Gleichgewicht schon mal die Hände gefragt. Auf Höhe eines seilgesicherten Graben bekommt der Begeher tollen Rückblick auf das vorher durchwanderte Tal. Die Strecke lotst zum linken Ende der Geländestufe, trickst sich im Dienste eines angelegten Bandes endgültig daran vorbei. Oberhalb einer hörbaren (aber nicht sichtbaren) Klamm eine flache Gerade vorpreschen. Rechtsschwenkend erneut mit einem Aufschwung in Kontakt treten. Folglich mittels Linksbogen auf guter Spur zum Standort der Obere Gemstelalpe (1.694 m) bergan.

Von der Oberen Gemstelalpe auf das Geißhorn

T3

Noch vor dem Gebäude der Oberen Gemstelalpe verzweigt sich die Piste. Die Verlängerung rechter Hand mündet in den Gemstelpass, bietet Anschluss zur Widdersteinhütte, hat obendrein den Normalweg des Großen Widderstein im Programm. Für das Geißhorn wird indes links um die Hütte vorgerückt. Nach wenigen Schritte schert die Route im 90°-Winkel links aus. In sanfter Neigung das Terrain hinauf. Dabei lohnt sich im Fortschritt immer mehr ein Blick zurück. Der Widderstein erwächst in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem majestätischen Berg-Koloss in die Höhe. Ganz besonders beeindruckend wird das Geschehen an respektive wenig hinter der Sterzer Hütte (1.859 m). Dem gemauerte Hüttchen wird nämlich in Expansion der Tour die Aufwartung gemacht. Das private Bauwerk ist zwar nicht öffentlich zugänglich, aber bestens als Vordergrund für ein unvergessliches Erinnerungsfoto geeignet. Die Hütte als Motive mit dem Widderstein als Hintergrund ist einfach ein fotografischer Knaller.

Sterzer Hütte vor dem Widderstein
Sterzer Hütte vor dem Widderstein

Jenseits des Fotostopp an der Sterzer Hütte erhalten wir Zugang zu einer kleinen Hochebene. Der Sterzersee, welcher sich laut diverser topographischer Karten rechts des Weges finden sollte, war bei meiner Begehen kaum als solcher wahrzunehmen. Das Ende der Ebene hält den Fahrstuhl zum Koblatpass bereit. Im Hin und Her die stark aufbäumende, grieshaltige Teilpartie nach oben kämpfen. Die Schlacht mit der Erdanziehung wird mit dem Einzug auf dem Koblatpass (2.045 m) belohnt. Im huckepack den brillanten Betrachtungswinkel des Widderstein mitbringend, macht ihm plötzlich das vor uns befindliche Antlitz des Biberkopf gehörig Konkurrenz - was für ein Bild! Überdies erweist sich der Koblatpass als ideale Aussichtsloge zur epischen Bühne der zahnreichen Lechtaler Alpen.

Am Gipfel des Geißhorn
Am Gipfel des Geißhorn

Noch etwas mehr als 300 Höhenmeter fehlend zum Höhepunkt des Geißhorn. Die Gestalt unseres Ziels hat sich inzwischen komplett gewandelt. Ist das Geißhorn aus dem Kleinwalsertal als völlig zerrissene Felswand zu erkennen, haben wir jetzt nur noch einen sanftmütigen Grashang vor uns. Um in die oberste Etage zu gelangen zunächst dem ausgeschilderten Weg in Richtung Mindelheimer Hütte nachlaufen. Die Tür zum Gipfelhang darf indes nicht verpasst werden. Auf ca. 2.120 Meter Höhe entzweigt sich diese linker Hand aus dem Hüttenweg. Die Steigspur ist glasklar als solche zu erkennen. Im Weiteren ist das Fundament wiederholt von nervigen Kies geprägt. Die Neigung des Gipfelhang, anfangs noch gut begehbar, wird während des Fortkommens immer dramatischer. Des Weiteren wandelt sich der Untergrund wegen des gröber werdenden Gerölls zu einer instabilen Rutschbahn. Mit energischer Willenskraft und unbändigem Durchhaltevermögen dem Gefälle Meter um Meter abringen. Die Spur nimmt dabei immer wieder Kontakt mit der Kante der senkrecht abbrechenden Ostflanke auf - imposante Tiefblicke eingeschlossen. Nach kräftezehrendem Konflikt mit der schiefen Böschung, dem zerschlissenen Untergrund sowie der eigenen Kondition lehnt sich das Gefilde endlich zurück. Nach Luft schnappend vor zum Gipfelkreuz des Geißhorn (2.366 m).

Tourenbeschreibung: Abstieg

Der bei meiner Begehung tobende Föhnsturm zwang mich zu einem schnellen Rückzug. Deshalb habe ich als Talweg wieder die Aufstiegslinie gewählt. Bei weniger schlechten Tourenbedingungen sollte sich der Aspirant mit folgendem (ursprünglich von mir geplanten) Rückweg auseinandersetzen:

Vom Koblatpass den Bogen zur Mindelheimer Hütte vollziehen. Vom Schutzhaus nordwärts zur Kemptner Scharte. Mit wenig Zusatzaufwand lässt sich von diesem Punkt ein Besuch des Kemptner Kopf (2.191 m) einbauen. Die Kemptner Scharte hinab (teilweise gesichert) ins Wildental. Durch das Wildental retour ins Kleinwalsertal nach Mittelberg. In Mittelberg die Breitach stromaufwärts bis zum Parkplatz an der Bödmerstraße nachlaufen. Der Abstieg über das Wildental ist ein wenig länger als der Rückweg auf der Aufstiegslinie. Dafür kann die Tour so zu einem abwechslungsreichen Rundkurs ausgebaut werden.

Autor (Bilder und Texte): Andreas

Bewertung

Bergtour
Geißhorn
Ruppige Berg-Wanderung aus dem Kleinwalsertal auf das Geißhorn
Das Geisshorn - gesehen von der Oberen Gemstelalpe
Natur:
Schauwerte:
Erlebnisfaktor:
Einsamkeit:
Gesamt:
3.5 / 5
Wenig schwierige Bergtour auf einen fulminanten Aussichtsgipfel.
Info zum Bewertungsschema

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