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Zugspitze
(2.962 m)

Klettersteigtour über das Höllental auf die Zugspitze

T4+ I C

Schwere Bergtour

 ca. 2.200 Hm   ca. 10,3 Km  ca. 8 Stunden
Inhaltsverzeichnis
Gipfelaufbau der Zugspitze mit dem Höllentalferner
Gipfelaufbau der Zugspitze mit dem Höllentalferner

Die Zugspitze über das Höllental ist ein echter Klassiker. So häufig wie die Strecke begangen wird, so häufig wird diese auch unterschätzt. Unter den Normal-Routen zum höchsten Punkt Deutschlands ist die Variante über das Höllental die (nach dem Jubiläumsgrat) Schwierigste. Nach der idyllischen Wanderung durch die Höllentalklamm wird der Aufstieg mit zunehmender Höhe (sowie einem damit einhergehenden Kräfteschwund) immer schwerer. Steht man oberhalb des Höllentalferner am Einstieg des zweiten Klettersteig, zehren bereits 1.700 Höhenmeter Aufstieg merklich an der persönlichen Substanz. Die schwierigsten 500 Höhenmeter liegen dann immer noch vor einem.

Bei all den geeigneten plus ungeeigneten Gipfelanwärtern, die sich auf dieser Route versuchen, gehören im Höllental haarsträubende Situationen schon fast zum Alltag. Manchmal generieren sich Szenen, wie man sie nur aus Bergdramen aus dem Kino kennt. Großstädter in Turnschuhen und Jeans kann man hier ebenso antreffen, wie voll ausgestattete Himalaya-Expeditionsteilnehmer mit zum bersten gefüllten 60-Liter-Rucksäcken. Besonders schlimm wird es, wenn weniger Geübte an den Schlüsselstellen Stau verursachen und gleichzeitig ungeduldige Bergfexe versuchen die Schlange zu überholen. Die Bergwacht freut es, kann sie sich doch über mangelnde Kundschaft, zugleich über zu wenig Hubschrauber-Rettungseinsätzen nicht beklagen.

Hat man mit seinen letzten Energiereserve das übervölkerte Gipfel-Plateau der Zugspitze erreicht, ist der Kulturschock ungemein groß. Hing man eben noch mit seinem Klettersteigset an einem Drahtseil in ausgesetzter Position hoch über dem Höllentalferner, kann man sich ein paar Minuten später schon eine Bratwurst und ein Weißbier am höchsten Rummelplatz Deutschlands einverleiben. Dazu vermitteln einem die Blicke der Seilbahntouristen das Gefühl, als ob man gerade vom Mond heruntergestiegen wäre. Unter Hunderten von Fahrgästen der Zugspitzbahnen fällt man in voller Bergmontur eben auf.

Bei allen negativen Punkten, die man als geübter Bergsteiger auf dieser Route in Kauf nehmen muss, handelt es sich trotzdem um eine höchst abwechslungsreiche dazu landschaftlich außerordentlich schöne Exkursion. Die Bergtour über das Höllental auf die Zugspitze ist eben ein echter Klassiker, den man als Alpinist mindestens einmal im Leben gemacht haben muss.

 Bilder  Karte  GPS-Track
Die Route über das Höllental gesehen aus der Alpspitz-Ferrata
Die Route über das Höllental gesehen aus der Alpspitz-Ferrata

Anforderungen/Schwierigkeiten

Die Bergtour über das Höllental auf die Zugspitze ist in allen Belangen ein sehr ernsthaftes Unterfangen - ja schon fast eine Hochtour. Zwei Klettersteige mit gehobenem Schwierigkeitsniveau (bis C), lange Block- und Geröllpassagen, Teilpartien mit freier Kletterei (I), sowie ein Gletscher, der durchaus seine Spalten hat, müssen überwunden werden. Das Schwierigkeitslevel verhält sich exponentiell ungünstig zu den persönlichen Kraftreserven. Das heißt, während der Aufstieg immer schwieriger wird, baut die eigene Energie zunehmend rapider ab. Die extreme Höhendifferenz von 2.200 Höhenmeter ist für das Programm einer Tagestour absolut grenzwertig - selbst wenn man den Talweg mittels Seilbahn in Erwägung zieht. Etwas entspannter, aber immer noch sehr herausfordernd gestaltet sich das Ganze mit einer Übernachtung auf der Höllentalangerhütte. In Bilanz ist nur der Aufstieg von Hammersbach über die Höllentalklamm zum Schutzhaus eine Wanderung. Der große Rest richtet sich ausschließlich an erfahrene, trainierte Bergsteiger. Anfänger haben bestenfalls in Begleitung eines professionellem Bergführer was auf der Höllentalroute zu suchen.

Ausgangspunkt

DE-82491 Grainau Ortsteil Hammersbach
Höllentalstraße
Wanderparkplatz am westlichen Ortseingang
GPS-Koordinaten:
Breitengrad: 47.468754
Längengrad: 11.040391

Orientierung

Die Höllentalführe ist ausreichend mit roten Punkten markiert. Obendrein zeigt eine unübersehbare Menschenschlange die Strecke augenscheinlich an.

Ausrüstung

Klettersteigausrüstung
+ Steigeisen

Höhenprofil
P Bergtour Zugspitze via Höllental Elevation profile for Bergtour Zugspitze via Höllental 0 1 km 2 km 3 km 4 km 5 km 6 km 7 km 8 km 9 km 10,3 km 2.800 m 2.600 m 2.400 m 2.200 m 2.000 m 1.800 m 1.600 m 1.400 m 1.200 m 1.000 m 800 m Hammersbach 770 m Höllentaleingangshütte 1.045 m Höllentalklamm Höllentalangerhütte 1.380 m Leiter Brett Höllentalferner Einstieg Klettersteig ca. 2.500 m Zugspitze 2.962 m
Tourenbeschreibung: Aufstieg

Von Hammersbach über die Höllentalklamm zur Höllentalangerhütte

T2

Vom Wanderparkplatz (770 m) westlich der Gemeinde Hammersbach in die Ortschaft laufen. Jenseits des namensgleichen Bach rechter Hand in den Steig parallel zum Wasser einfädeln. Der Fortgang wechselt auf die andere Seite des Strom, tangiert hinter zwei Schleifen die Talstation der Materialseilbahn zur Höllentalangerhütte.

In der idyllischen Höllentalklamm
In der idyllischen Höllentalklamm

Am Ende einiger Serpentinen muss man sich entscheiden, ob man über den Stangensteig (rechts abbiegen) oder via Höllentalklamm (links halten) zur Höllentalangerhütte aufschließen möchte. Der Stangensteig dient gleichzeitig als Alternative, falls die Höllentalklamm gesperrt ist (was unter anderem nach sintflutartigen Regenfälle vorkommen kann). Die kleine Höllentaleingangshütte (1.045 m) repräsentiert das Tor in die Klamm. Nach Entrichtung eines Obolus bekommt man Zutritt zum Naturschauspiel.

Die Höllentalklamm sowie deren faszinierende Wasserkaskaden sind das erste Highlight der Tour. In Direktion von in den Fels gehauenen Stollen, sowie unter Nutzung von Brücken, wird auf einer Länge von circa 700 Meter die Klamm durchschritten. Dabei verleiten die spektakulären, eindrucksvollen Wasserspiele das Tempo um 1 bis 2 Gänge zurück zu schalten. Als Tagesgast und Gipfelanwärter sollte man der Versuchung unbedingt widerstehen, zugleich zügig weitergehen. Das noch vor uns liegende Programm erlaubt keinerlei Trödeleien. Nur mit einer Übernachtung auf der Höllentalangerhütte hat man genügend Zeit im Gepäck um der Aufführung genussvoll zu frönen. Hat man die Felsschlucht verlassen, zieht schon bald linksseitig die Variante via Stangensteig in unsere Linie ein. Einige Kehren mutieren zur Zielgeraden des anvisierten Schutzhauses. Circa 2 Stunden nach Start wird der Höllentalangerhütte (1.380 m) die Aufwartung gemacht.

Von der Höllentalangerhütte über das Höllental auf die Zugspitze

T4+ I C

Jenseits der Höllentalangerhütte das Kiesbett des Hammersbach überqueren. Auf der anderen Seite linkshaltend in den Höllentalsteig einfädeln. Schon von weitem ist der Felsriegel, der den ersten Klettersteig bereithält, auszumachen. Der Steig, welcher tiefer ins Höllental hinein navigiert, bringt uns direkt dort hin. Am Sockel des Felsriegel das Klettersteigset anlegen, ferner den Helm aufsetzen. Erste Sicherungen (A/B) lotsen zur markanten Leiter. Mittels zahlreicher ins Gestein installierter Krampen wurde eine Art Haushaltsleiter geschaffen (B). Am oberen Ende linksseitig auf ein Band ausscheren, folglich in Kehren zum legendären Brett. Das Brett entpuppt sich als Trittstift-Reihe, welche weit oberhalb des Boden quer durch eine glatte Wand zur anderen Seite führt (B). Die Passage erfordert eine gute Portion mentaler Stärke. Ein spektakulärer Tiefblick mit viel Luft unter den Bergstiefeln, ein erhöhter Puls sowie viel Adrenalin sind in dieser Partie gewiss.

Spektakulärer Tiefblick aus dem Brett
Spektakulärer Tiefblick aus dem Brett

Nach Überwinden der ausgesetzten Trittstift-Reihe entspannt sich das Gepräge. Das Klettersteigset kann vorerst abgelegt werden. Auf Höhe des latschendurchzogenen Grünen Buckel ist vertikale Halbzeit. Knapp 1.100 Höhenmeter sind an diesem Punkt überwunden - und noch weitere 1.100 Höhenmeter liegen vor uns. Die Fortsetzung bringt die Schuttmoräne des Höllentalferner unter die Füße. In Navigation der augenscheinlichen Spur mühsam das Geröll bis zum Beginn des Gletscher empor. Oberhalb der Eisfläche erfolgt der Einstieg in den zweiten Klettersteig. Dort ist das Gelände ziemlich steil. An diesem Punkt kann das Anlegen des Klettersteigset zwischen all den Gleichgesinnten zum Eiertanz werden. Ein Hineinschlüpfen in die Klettersteigausrüstung vor Begehung des Höllentalferner erweist sich nicht selten als kluger Schachzug.

Im Frühsommer weist der kleine Eisstrom meist noch eine passable Schneedecke auf. Spätestens ab dem Hochsommer dominiert blankes Eis den Untergrund. Mindestens Grödel, besser Steigeisen gehören in das Gepäck eines jeden Gipfelaspiranten. Zudem hat der kleine Gletscher durchaus eine Spalten. Seilschaften sind auf der Eisfläche zwar nur vereinzelt zu sehen, doch sollte man als Seilloser keine Experimente außerhalb der eingetretenen Spur wagen. Natürlich muss jeder ohne Seil ein gewisses Restrisiko (Spaltensturz) selbst tragen.

Unterwegs auf dem Höllentalferner
Unterwegs auf dem Höllentalferner

Die Fährte über das Eis vollzieht einen ausholenden Linksbogen, umgeht so eine tückische Spaltenzone. Oberhalb der Kurve dreht die Bahn rechtsschwenkend ein, nimmt eine unübersehbare rote Markierung in der steilen Riffelwand ins Visier. In gut 25° Neigung erfolgt am roten Gepinsel der Übergang in den Fels. Je nachdem wie weit das Jahr fortgeschritten ist, erweist sich die Randkluft als eigentliche Schlüsselstelle der Tour. Das Eis kann so weit abgeschmolzen sein, das ein Übergang an der vorgesehenen Stelle unmöglich ist. In diesem Fall hat sich ein Übergang ein Stück weiter oben bewährt. Dieser ist aber nicht markiert, muss selbst gefunden werden. Wer noch kein Klettersteigset an hat sollte das jetzt nachholen.

Das Finale in einem zünftigen Klettersteig
Das Finale in einem zünftigen Klettersteig

Der bisherige Aufstieg zehrt inzwischen merklich an unserer Substanz, haben wir doch schon 1.700 Höhenmeter in den Beinen. Die schwierigsten 500 Höhenmeter zum Gipfel der Zugspitze fehlen noch. Jetzt müssen die letzten Kraft- und Willensreserven mobilisiert werden! Der finale Abschnitt durch die Riffelwand ist nicht zu verfehlen. Ein durchgehendes Drahtseil zeigt uns den Weg. Nach dem rassigen Einstieg in den Klettersteig (B/C) wird das Gepräge einfacher (A/B). Zeitnahe folgt die schwierigste Stelle des Eisenweg. Im Dienste einer steilen Trittstift-Reihe wird die kniffligste Passage gemeistert (C). Mit jedem zusätzlich erarbeiteten Höhenmeter werden die Ausblicke spektakulärer. Der Jubiläumsgrat ist zum Greifen nahe, zudem liegt das eindrucksvolle Höllental inzwischen tief unter unseren Füßen. Sobald die Höhe des Riffelgrat eingenommen ist zeigt sich auch das Kleinod des Eibsee. Der Klettersteig navigiert unterhalb des verbauten Gipfel linksseitig zum Ausstieg am Grat - wenige Meter neben dem Gipfelplateau. Vom Grat im Gehgelände in wenigen Schritten zum Gipfelfelsen vorrücken. Scharf links über Sicherungen zum goldenen Kreuz der Zugspitze (2.962 m).

Als ob wir mit dem Vorschlaghammer eine Kopfnuss verpasst bekommen holt uns nun die Zivilisation ein. Sind wir noch auf dem richtigen Planeten? Haben wir uns verstiegen? Sind wir tot? Unser Blick erfasst Massentourismus sowie hemmungslosen Konsum, unzählige Seilbahn- nebst Zahnradbahntouristen, Souvenirstände obendrein Fressbuden. Der Kontrast zum gerade bestandenen Alpinprogramm könnte nicht größer sein. Man fühlt sich plötzlich fremd! Konzentrieren wir uns lieber auf die Aussicht - und die ist im wahrsten Sinne des Wortes atemberaubend: Von der Bernina bis zu den Dolomiten sowie den Hohen Tauern reicht die Sicht an schönen Tagen. Ein wahrlich berauschender Rundumblick!

Tourenbeschreibung: Abstieg

Die Rückkehr ins Tal bietet mehrere Alternativen an. Bei der Planung sollte man indes den logistischen Anschluss aus dem Tal zurück nach Hammersbach im Auge behalten. Für Konditionsbolzen ist ein Abstieg über den Aufstiegsweg denkbar (circa 5 Stunden). Für Fußgänger ist auch ein Abstieg via Stopselzieher machbar (circa 5 Stunden). Beide Varianten gestalten sich mit einer Übernachtung auf dem Münchner Haus deutlich entspannter. Für Alle, die für den Talweg eine der technischen Unterstützungen in Anspruch nehmen wollen, erweist sich die Nutzung der Zahnradbahn als logistisch unkomplizierteste Variante. Diese fährt am Zugspitzplatt ab, hält direkt in Hammersbach. Des Weiteren kann man mit der Eibsee-Seilbahn ins Tal schweben. Der Anschluss von dort nach Hammersbach erfolgt entweder aus eigener Kraft über eine Wanderung oder durch Nutzung der Zahnradbahn (hält am Eibsee).

Autor (Bilder und Texte): Andreas

Bewertung

Bergtour
Zugspitze
Klettersteigtour über das Höllental auf die Zugspitze
Gipfelaufbau der Zugspitze mit dem Höllentalferner
Natur:
Schauwerte:
Erlebnisfaktor:
Einsamkeit:
Gesamt:
3.8 / 5
DER Bergtouren-Klassiker in den bayerischen Alpen. Überlaufen, unglaublich fordernd (2.200 Hm), unglaublich abwechslungsreich - und schön!
Info zum Bewertungsschema

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