AT › Tirol › Karwendelgebirge
Sonnjoch
(2.458 m)

Überschreitung des Sonnjoch vom Bärenlahnersattel zur Gramaialm

T3+ I

Bergtour

 ca. 1.250 Hm   ca. 11,0 Km  ca. 7 Stunden
Inhaltsverzeichnis
Der Gipfel des Sonnjoch - gesehen aus dem Falzthurntal
Der Gipfel des Sonnjoch - gesehen aus dem Falzthurntal

Auf der Wanderung zum Sonnjoch bekommt auch der Bergwanderer (mit etwas Glück) umfangreichen Einblick in die Tier- und Pflanzenwelt des Karwendel. Dieser etwas abstrakt klingende Satz Bedarf etwas mehr Erklärung um die tiefere Bedeutung zu verstehen. Nachfolgend möchte ich dem nachkommen.

Große Teile des Karwendel werden von wilden, unerschlossenen Berggruppen dominiert. In den wenigsten finden sich angelegte Steige. Die örtlichen Gegebenheiten richten sich vor allen an jahrelang erprobte Bergsteiger mit Klettererfahrung nebst einer überdurchschnittlich gut funktionierenden Spürnase. Normalsterbliche Bergwanderer haben nur an wenigen Zinnen Chance den Thron mittels gewarteten Pfad erwandern zu können. Einer dieser Fußgänger-Gipfel ist das Sonnjoch im Falzthurntal.

Das Karwendelgebirge ist zudem bekannt für seine Artenvielfalt. Das trifft sowohl auf die Tier- als auch auf die Pflanzenwelt zu. Im Karwendel haben viel seltene Arten einen (von wenigen) Zufluchtsort gefunden, in denen sie sich ungestört vermehren können. Die großvolumig unerschlossenen Flächen wirken sich hier besonders positiv aus. Das Sonnjoch ist einer jener Berge, an denen auch Normalverbraucher stark bedrohte Tiere sowie Pflanzen selbst in Augenschein nehmen können. Freilich braucht es dazu etwas Glück um zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Planbar wie ein Zoobesuch ist so eine Begegnung nicht.

Bei meiner Begehung kam ich tatsächlich in den Luxus günstiger Umstände, konnte Steinböcke sowohl im Auf- als auch im Abstieg aus nächster Nähe beobachten. Zudem fand ich am Bärenlahnersattel zahlreiche Triebe seltener alpiner Flora, welche andernorts nahezu komplett verschwunden ist. Das man als Besucher des Gebietes mit solch seltenen Ressourcen schonend umgehen muss brauche ich hoffentlich nicht weiter zu erörtern. Beim Nachlaufen der vorgestellten Tour muss man sich jederzeit bewusst sein, in welch sensiblen Gebiet man unterwegs ist. Also Augen auf wohin man mit den Füßen tritt!

Die Route über den Bärenlahnersattel gilt als Alternative zum Normalweg über den Gramaialm-Hochleger. Technisch ist diese zwar etwas schwieriger als die Normalstrecke, doch die wenigen Kraxlstellen sind für geübte Bergwanderer noch gut beherrschbar. Beide Linien lassen sich hervorragend zu einer vielfältigen Runde verbinden - welche in Bilanz zur Überschreitung des Sonnjoch führt. Die Bärenlahnerführe sollte man dabei für den Aufstieg wählen, da man so die schwierigsten Stellen nicht im abwärts meistern muss.

 Bilder  Karte  GPS-Track
Panorama vom Gipfel des Sonnjoch
Panorama vom Gipfel des Sonnjoch

Anforderungen/Schwierigkeiten

Die Wanderung hinauf auf den Bärenlahnersattel nutzt einen schmalen aber gut angelegten Pfad. Die Strecke führt dabei phasenweise über gehörig geneigtes Gelände. Demgegenüber wird das Bergan von keinerlei geologischen Hürden ausgebremst. Mit diesen muss sich der Aspirant erst beim Gipfelsturm jenseits des Bärenlahnersattel auseinandersetzen. Entsprechende Kraxlstellen fallen in der Länge ziemlich kurz aus, weisen obendrein üppige Tritte und Griffe auf (maximal I). Für geübte Bergwanderer sind auch diese Abschnitte gut beherrschbar. Der Abstieg über den Normalweg zur Gramaialm überschreitet zur keiner Zeit Wanderniveau. Für die Bärenlahnerroute sind Trittsicherheit, Schwindelfreiheit und etwas Klettergeschick nötig. Mit solider Ausdauer gestaltet sich die Rundtour etwas entspannter.

Ausgangspunkt

AT-6213 Pertisau am Achensee
Parkplatz im Falzthurntal an einem Weiderost ca. 1,5 km vor der Gramaialm
GPS-Koordinaten:
Breitengrad: 47.416251
Längengrad: 11.626643

Hütten/Einkehr

Gramaialm-Hochleger
Gramaialm

Orientierung

Die Überschreitung ist sowohl am Bärenlahner als auch am Normalweg gut ausgeschildert. Zudem kann die Orientierung in den Felspassagen auf üppiges Kolorit aufbauen.

Höhenprofil
P Bergtour Sonnjoch über Bärenlahnersattel Elevation profile for Bergtour Sonnjoch über Bärenlahnersattel 0 2 km 4 km 6 km 8 km 10 km 11,0 km 2.200 m 2.000 m 1.800 m 1.600 m 1.400 m 1.200 m Falzthurntal 1.180 m Bärenlahnersattel 1.995 m Sonnjoch 2.458 m Gramaialm Hochleger 1.756 m Gramaialm 1.263 m Falzthurntal 1.180 m
Tourenbeschreibung: Aufstieg

Vom Parkplatz auf den Bärenlahnersattel

T2

Die Exkursion auf das Sonnjoch startet bereits bevor aus dem Auto ausgestiegen werden kann. Noch während der Anfahrt muss die erste Bewährungsprobe bestanden werden. Das Auffinden des Ausgangspunkt für den Aufstieg via Bärenlahnersattel ist keine triviale Angelegenheit. Bei meinem Besuch gab es an der Anfahrtsstraße keinen aus dem Auto heraus wahrnehmbaren Hinweis bezüglich des Startpunktes. Einzige Orientierungsmöglichkeit war ein Weiderost auf der Straße. Rechts der Anfahrtstraße findet sich vor dieser Installation etwas Parkraum, sowie der Einlass zum Bärenlahnersattel. Ist die Abstellfläche bereits überfüllt, sollte man weiter zum 1,5 Kilometer entfernten Parkplatz an der Gramaialm fahren. Die Laufstrecke zurück verlängert zwar den Anlauf zum Gipfel, verkürzt aber gleichzeitig den späteren Rückweg. Nach der Überschreitung wird nämlich zur Gramaialm abgestiegen und man kann dort bereits sein abgestelltes Fahrzeug in Empfang nehmen.

Blick vom Bärenlahnersattel auf das gegenüberliegende Gamsjoch
Blick vom Bärenlahnersattel auf das gegenüberliegende Gamsjoch

Direkt vom Parkplatz (1.180 m) schickt uns ein gelber Wanderwegweiser in lichten Bergwald hinein. Der anfangs flache Pfad gewinnt im weiteren Verlauf deutlich an Neigung. Im Obhut zahlreicher Serpentinen wird schnell an Höhe gewonnen. Die Begehungsspuren lotsten nachfolgend ins freie Gelände hinaus. Die Führe den Bärenlahner hinauf wird zur Rechten durch das steile Gemäuer der Schaufelspitze begrenzt, während linksseitig das Bärental von der steilen Nordflanke des Sonnjoch abgeschnitten ist. Dazwischen ein grüner Teppich, welcher unsere Route bereit stellt. Das Ganze erweisen sich ab Erreichen des offenen Flur als sehr zeigefreudig, gibt instruktiven Einblick in den Fortgang bis hinauf zum anvisierten Sattel. Gut 800 Höhenmeter sind es von der Talsohle zum Bärenlahnersattel. Der Aufstieg entpuppt sich dabei als völlig unschwieriges Programm ohne jegliche geologische Hürden. Zudem ist die Spur augenscheinlich nachzuvollziehen, plus mit diversen Gepinsel einmarkiert. Man kann sich voll und ganz darauf konzentrieren Augen und Ohren offen zu halten. Zum Beispiel gab es bei meinem Besuch aus der Nordflanke des Sonnjoch eine Ganze Herde an äsenden Gämsen zu entdecken.

Auf circa 1.800 Meter Höhe legt sich das Areal etwas zurück. In diesem Bezirk weicht das vegetationsreiche Fundament so langsam einer dichten Schotterdecke. Als ich vor Ort war, fraß hier eine Gruppe Steinböcke mit ihren Kitzen das zwischen dem Geröll mager sprießende Grün ab. Die Tiere zeigten wenig scheu, ließen sich vom nahen Wanderbetrieb nicht weiter stören. Im Finale hinauf zur Einsattelung bäumt sich das Revier noch mal ordentlich auf. Nach gut 2 ½ Stunden ist der Bärenlahnersattel (1.995 m) schließlich unter die Füße gebracht. Und genau mit den Füßen sollte man am Sattel unbedingt darauf achten wohin man mit diesen tritt. Die seltene alpine Botanik, die sich dort findet, darf keinesfalls als Fußabstreifer dienen. Um diese seltenen und empfindlichen Pflanzen nicht zu zerstören, ist ein umsichtiges Auftreten absolute Pflicht! Am Bärenlahnersattel öffnet sich obendrein die Sicht nach Westen. Unser Blick schweift hinab ins Enger Tal sowie zum beeindruckenden Gamsjoch auf der gegenüberliegenden Talseite. Die am Horizont mächtig aufragenden Spitzen der Karwendelhauptkette geben dabei ein schmückendes Beiwerk ab. Wir können uns an dieser Aussicht kaum satt sehen.

Vom Bärenlahnersattel auf das Sonnjoch

T3+ I

Am Sattel dreht die Route links ein, nimmt das Sonnjoch direkt aus Korn. Zeitnahe stellt sich eine erste schrofige Schwelle in den Weiterweg. Unter verhaltenem Einsatz der Hände ist der Kraxlspaß bald Geschichte (kaum I).

In der finalen Felspassage zum Gipfelkreuz
In der finalen Felspassage zum Gipfelkreuz

Weitläufiger Magerrasen dominiert die anschließende Wanderpassage, welche aussichtsreich (wenig unterhalb des Nordgrat) das gewaltige Plattengepräge unterhalb des Gipfel anvisiert. Ein kurzer Abstieg dirigiert in eine fiese Geröllpassage. Die Begehung des Schotters entlang einer markierten Wand erweist sich als ziemlich heimtückisch. In Wandnähe bieten die losen Steine kaum Widerstand, geben unter der kleinsten Belastung nach. Deutlich kräftesparender war der Aufstieg mit etwas Abstand zur Markierungswand. Ich empfand dort das Fundament als robuster, was sich positiv auf den eingesetzten Kraftaufwand auswirkte.

Unsere Aufstiegslinie wechselt folglich in die Ostflanke. Ein schmales zudem luftiges Band hoch über dem Falzthurntal dient als Fortsetzung. Die Direktion des Geländesims geht in eine griesübergossene Spur über, welche schließlich Zugang zur Schlüsselstelle gewährt. Ein Felsaufschwung muss direkt erklettert werden (I). Das Gepräge ist dabei gut gestuft, offeriert rustikale Tritte und Griffe. Farbige Markierungen geben die leichteste Linie augenscheinlich vor. Mit Erreichen des Ostgrat dreht die Route in Tendenz der Schneide ein. Den Gipfelfelsen mit dem überdimensionalen Kreuz direkt vor Augen, müssen erneut die Hände aus den Taschen. Der Einsatz (I) gestaltet sich als technisch weniger schwierig als in der Schlüsselpassage. Am Ende der Steilheiten bis zum markierten höchsten Punkt des Sonnjoch (2.458 m) vorrücken.

Tourenbeschreibung: Abstieg

Vom Sonnjoch über den Normalweg zur Gramaialm

T2

Der Gipfel des Sonnjoch präsentiert sich gen Westen als fast ebener Laufsteg. Die deutliche Spur über den Catwalk repräsentiert den Normalweg, wird von einer deutlich größeren Anzahl an Gipfelaspiranten genutzt. Die Leitlinie öffnet das Tor in den gutmütigen Westhang. Von oben erhalten wir einen guten Überblick über die Abstiegsroute. Nach dem teilweise alpinen Gelände oberhalb des Bärenlahnersattel mag man kaum glauben wie friedlich sich das Sonnjoch von dieser Seite gibt.

Ein Steinbock beobachtet das Geschehen auf dem Abstiegsweg
Ein Steinbock beobachtet das Geschehen auf dem Abstiegsweg

Die Fortsetzung den Westhang hinab nimmt in der Abfolge Kontakt mit der Abbruchkante der Ostflanke auf. In diesem Bezirk wurde mir abermals das Glück zuteil mehrere Steinböcke aus nächster Nähe beobachten zu können. Dieses mal war es eine reine Männerwirtschaft kapitaler Böcke, die vom Fels aus das rege Treiben am Wanderweg im Visier hatten. Auf ca. 1.900 Meter Höhe driftet der Abstieg aus dem Westhang in südliches Gefilde ab. Folglich wird das Areal flacher, bringt den Gramaisattel unter die Füße. Bald mündet der Wanderweg vom Binssattel in unsere Linie ein. Von diesem Punkt ist die Jausenstation des Gramaialm-Hochleger (1.756 m) nur noch einen Katzensprung entfernt.

Die Schutzhütte findet unweit des Falzthurnbach ihren Standort, welcher im Laufe der Zeit einen tiefen Graben zwischen Sonnjoch und Hahnkampl ausgewaschen hat. Dieser offeriert die finale Passage zurück ins Tal. Vom Gramaialm-Hochleger gen Osten in die gebogene Geländefurche hinein. Nachdem ein Zufluss zum Falzthurnbach passiert wurde, lässt uns die Strecke mittels einiger Kehren Kontakt mit dem Hauptstrom aufnehmen. Im Weiteren werden die Kaskaden des Wassers zur anderen Seite überquert. Am nahen Gramaier Grund ist letzten Endes die Talsohle wieder erreicht. Dort verläuft der Hauptwanderweg, welcher linker Hand in wenigen Minuten Kontakt mit der mondänen Gramaialm (1.263 m) aufnimmt. Um zum Ausgangspunkt zurück zu gelangen, wird die geteerte Straße oder ein parallel dazu angelegten Weg genutzt. In ca. 20 Minuten ist das letzte Stück auch noch erledigt.

Autor (Bilder und Texte): Andreas

Bewertung

Bergtour
Sonnjoch
Überschreitung des Sonnjoch vom Bärenlahnersattel zur Gramaialm
Der Beherrscher des Falzthurntal: das gewaltige Sonnjoch
Natur:
Schauwerte:
Erlebnisfaktor:
Einsamkeit:
Gesamt:
3.5 / 5
Karwendel-Überschreitung mit reichhaltigem Augenfutter. Auf der Bärenlahnerseite mit gebremsten Andrang - am Normalweg (Abstieg) unter zahlreichen Gleichgesinnten.
Info zum Bewertungsschema

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