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Mittlerer Rotofen
(Signalkopf | Bayerischer Löwe)
(1.396 m)
Steinerne Agnes
(1.305 m)

Vom Rotofensattel über den Mittleren Rotofen zur Steinernen Agnes

T3+ I

Bergtour

 890 Hm   9,2 Km  ca. 6 Stunden
Inhaltsverzeichnis
Die Schlafende Hexe mit dem Mittleren Rotofen (links - der Busen)
Die Schlafende Hexe mit dem Mittleren Rotofen (links - der Busen)

Jeder, der von Bad Reichenhall in den Berchtesgadener Kessel fährt, kennt ihr Antlitz - und ihr Name könnte nicht treffender sein: die Schlafende Hexe. Mit der Bezeichnung Rotofen können jedoch die Wenigstens was anfangen. Dabei bildet doch die gleichlautende Felsformation mit ihren drei, aus dem Wald ragenden Türmen, genau die Silhouette der altehrwürdigen, dahindämmernden Dame. Während der Vordere mit seinen zwei Zinnen (die Nase und das Kinn) den Experten vorbehalten bleibt, ist der Mittlere Rotofen (der Busen) auch für den Normalbergsteiger zugänglich. Allerdings ist auch das kein einfaches Unterfangen, muss der Aspirant sich doch mit leichten Kletterpassagen, sowie luftigen Abschnitten auseinandersetzen.

Der Mittlere Rotofen (manchmal auch als Rotofenturm, Signalkopf oder Bayerischer Löwe bezeichnet) weist keinen markierten Weg auf sein Dach auf. Demgegenüber scheint er trotzdem regelmäßig bestiegen zu werden, denn ausgeprägte Begehungsspuren sind nicht zu übersehen. Sorge um die Orientierung muss man sich also nicht machen - ganz im Gegenteil zum Gelände, das einem auf der Linie zum Kreuz unter die Füße gerät. Steilste Hänge müssen gequert, respektive erkraxelt werden. Freunde bodenloser Tiefblick werden in Jubelstürme ausbrechen. Und für alle Adrenalinjunkies hält der Mittlere Rotofen noch eine Extrem-Variante bereit, die durch eine deftige Rinne (II, brüchig) hoch zum Gipfel navigiert.

Nach einem solch spannenden Gipfelerlebnis kann zur Entspannung etwas Kultur nicht schaden. Ein Besuch bei der nahen Steinernen Agnes ist ohne großen Zusatzaufwand realisierbar. Der Sage nach handelt es sich bei dieser Gestalt um eine in Ungnade gefallene Sennerin, die als Strafe zu Stein verwandelt wurde. Inzwischen gehört diese bizarre Felsformation zu den geschützten Geotopen, wurde in die Liste Bayerns schönste Geotope aufgenommen.

Die Bergtour zum Mittleren Rotofen entspricht der Tourenkategorie Wilde Wege.

 Bilder  Karte  GPS-Track
360-Grad-Panorama vom Gipfel des Mittleren Rotofen
360-Grad-Panorama vom Gipfel des Mittleren Rotofen

Anforderungen/Schwierigkeiten

Unsere Bergtour zur Schlafenden Hexe beginnt zunächst als beschauliche Wanderung - mit zunehmenden Steilheiten unterhalb des Rotofensattels. Im Anstieg zum Mittleren Rotofen steiles Gras und etwas Schrofenkletterei - in der Extrem-Variante mit Kletterei bis zum II. Grad. Der Normalweg verlangt nicht ganz so viel Kletterkönnen ist aber stellenweise sehr luftig. Der Weiterweg zur Steinernen Agnes übersteigt den Rahmen einer Bergwanderung nicht. Nur der Aufstieg zum Aussichtspunkt hinter dem Geotop ist etwas knifflig. Konditionell eher moderates Unternehmen - für den Gipfel aber ein absolut sicherer Tritt und Immunität gegen Schwindelanfälle obligatorisch.

Ausgangspunkt

DE-83483 Bischofswiesen
Hallthurm
Parkplatz an der B20
GPS-Koordinaten:
Breitengrad: 47.69665
Längengrad: 12.93539

Hütten/Einkehr

Keine

Orientierung

Die Wanderung zum Rotofensattel und zur Steinernen Agnes sind ausreichend beschildert. Die Bergtour zum Mittleren Rotofen weist keine künstlichen Markierungen auf, ist aber augenscheinlich der Begehungsspuren nachvollziehbar.

Wissenswertes

Dem Mittleren Rotofen östlich vorgelagert ist der Große Rotofen - der Kopf der Schlafenden Hexe. Der Kleine Rotofenturm bildet dabei das Kinn, der Große Rotofenturm die Nase. Beide Türme lassen sich auch besteigen - erreichen dabei aber den Rahmen einer Klettertour. Laut Alpenvereinsführer weist der große Turm sogar 2 Routen auf. Gipfelaspiranten wählen für den Aufstieg üblicherweise die Berchtesgadener Rinne. Die anderen Routen, die Normalwege am großen und kleinen Turm, werden wegen brüchigen Gesteins heute kaum noch begangen. Die schlechte Felsqualität in Kombination mit den Schwierigkeiten (II-III) machen eine Besteigung zu einem sehr ernsthaften Vorhaben. Seilsicherung ist (auch an der Berchtesgadener Rinne) dringend anzuraten.

Höhenprofil
P Wanderung Mittlerer Rotofen mit Steinerne Agnes Elevation profile for Wanderung Mittlerer Rotofen mit Steinerne Agnes 0 1 km 2 km 3 km 4 km 5 km 6 km 7 km 8 km 9,2 km 1.200 m 1.000 m 800 m Hallthurm 680 m Rotofensattel 1.270 m Mittlerer Rotofen 1.396 m Rotofensattel 1.270 m Steinerne Agnes 1.350 m Rotofensattel 1.270 m Hallthurm 680 m
Tourenbeschreibung: Aufstieg

Wanderung von Hallthurm zum Rotofensattel

T2

Unsere Bergtour durch das beschauliche Lattengebirge beginnt an einem unscheinbaren Parkplatz (680 m) an der B20, kurz nach (südlich von) Hallthurm. Eine Informationstafel zur Steinernen Agnes ist der unübersehbar Türöffner in den Aufstiegskurs. Parallel zur B20 gewinnt die Linie sogleich die ersten Höhenmeter. Zuerst einem breiten Schotterweg folgend, wird bald rechtsseitig einem schmalen Bergpfad die Ehre gegeben.

Steiles Wandergelände im Anstieg zum Rotofensattel
Steiles Wandergelände im Anstieg zum Rotofensattel

Im ausholenden Slalom zieht der Fortschritt durch herrlichen Bergmischwald stetig höher. Unbemerkt umgehen wir nordseitig den Vorderen Rotofen. Währenddessen wird die nachdenklich stimmende Gedenkstätte zweier Bergsteiger, die hier unglücklich ihr Leben gelassen haben, tangiert. War unser Wanderung bis hierhin ein geruhsamer Spaziergang, so zieht ab diesem Punkt die Geländeneigung gehörig gen Himmel.

Die Traverse in eine sandige Rinne ist mit einem uralten Drahtseil gesichert. Vom Gebrauch des Kabels ist auf Grund seines maroden Zustands eher abzuraten. Überdies ist das Terrain für geübte Berggeher auch ohne Hilfe gut zu begehen. In der Fortsetzung sollten wir ein Auge auf den rechten Wegrand haben. Etwas versteckt findet sich ein kleiner Felsen (ca. 1.150 m), der tollen Blick in den Reichenhaller Talkessel gewährt.

Mit einem Schwenk in südliche Richtung nimmt der Showdown hoch zum Rotofensattel Fahrt auf. War die vergangene Etappe schon mit reichlich Steilheiten gesegnet, so legt das Gefilde hier noch mal eine deutliche Schippe an Neigung drauf. Zahlreich installierte Holzstufen geben uns im Drang nach oben zweifelhafte Unterstützung. Mit brennender Lunge, sowie in übermässiger Schweißproduktion, nehmen wir schließlich die Mulde zwischen Vorderen und Mittleren Rotofen ein - der Rotofensattel (1.270 m), Hals der Schlafenden Hexe.

Bergtour vom Rotofensattel auf den Mittleren Rotofen (Signalkopf)

T3+ I

Der Rotofensattel ist mit wenigen Wegweisern recht übersichtlich gestaltet. Von unserem ersten Ziel, dem Mittleren Rotofen (Busen der Schlafenden Hexe), ist aber nichts angeschlagen - ferner wird man auch Wegmarkierungen vergebens suchen.

Schrofenkletterei am Mittleren Rotofen
Schrofenkletterei am Mittleren Rotofen

Demgegenüber sind glasklare Steigspuren zu erkennen, die westwärts den Wald empor ziehen. Folgen wir diesem Wurzelpfad, öffnet sich in Kürze ein steiler Grashang. Quer durch diesen höher zu einem exponierten Balkon.

Hier entspringt ein schmales, reichlich ausgesetztes Band, das unterhalb des Gipfel zu dessen Westgrat hinüber zieht. Dabei müssen wir etwa in Mitte eine kurze, felsige Stufe überwinden. Am Ende des Bandes scharf rechtsschwenkend, einen Schrofenhang hinauf, auf die Schneide des Westgrates. In Direktion der teils scharf geschnittenen Kante zum nahen Gipfelaufbau. Über diesen wieder einfach zum kleinen Signalkopf-Gipfelkreuz (1.396 m), dem höchsten Punkt unserer Bergtour.

Variante: Über die Rinne auf den Mittleren Rotofen

T5 II

Für alle Experten hält der Mittlere Rotofen noch eine verschärfte Aufstiegsvariante bereit. Dabei verfolgen wir das ausgesetzte Band nur bis etwa zur Mitte - bis kurz vor die sperrige Felsstufe. Rechter Hand öffnet sich unübersehbar ein Felsspalt, in dem sich präzise Begehungsspuren abzeichnen. Den Einschnitt bis zum Ende aufwärts (I), bis sich linksseitig eine wenig einladend aussehende Rinne öffnet. Das Gestein in der Kerbe ist eher vom Typ morsch, neigt unter Belastung dazu sich der Schwerkraft zu ergeben. Beim Durchstieg (II) sind Griffe und Tritte sorgfältig auf Stabilität zu prüfen. Bei meinem Einsatz hielt ich mich mehr an die linke Rinnenkante, die - wenn auch in deutlich luftiger Position - solideren Fels aufwies. Oberhalb der Rinne rechtsseitig anschließen, rauf bis zum Gipfelaufbau (wieder leichter) - und dem von links einmündenden Normalweg. Über diesen aufwärts zum kreuzgeschmückten Busen der Schlafenden Hexe.

Wanderung vom Rotofensattel zur Steinernen Agnes

T2

Unser bisheriger Ausflug hat (auch wenn er passabel spannend war) kaum den Rahmen eines angemessenen Tagesprogramm. Als Zugabe bietet sich die Wanderung zur Steinernen Agnes an - die vom Rotofensattel mit wenig zusätzlichen Aufwand erreichbar ist.

Eines von Bayerns schönsten Geotopen: die Steinerne Agnes
Eines von Bayerns schönsten Geotopen: die Steinerne Agnes

Dazu wird vom Rotofensattel dem Bergsteig in südliches Gefilde nachgelaufen. Nach Verlust einiger Höhenmeter verläuft die Route im stetigen Auf und Ab in Richtung Schwarzenberg - tolle Watzmann- und Hochkalter-Blicke inklusive. Vor Erreichen des Schwarzenbergs korrigiert der Kurs gen Westen, verbindet sich später mit der Linie, die von Winkl herauf zieht.

Im kurzen Abstand folgt eine Infotafel zur Steinernen Agnes - die sich letztlich etwas oberhalb des Schildes befindet. Mittels sandigem Pfades können wir mit dem prämierten Geotop auf Tuchfühlung gehen. Aus der Froschperspektive ist leider wenig von der skurrilen Form zu erkennen. Um den optischen Vorzügen der Steinernen Agnes frönen zu können, muß der hinter ihr platzierte Aussichtspunkt (1.350 m) erklommen werden - was kein leichtes Unterfangen ist.

Zum Aussichtspunkt hinter der Steinernen Agnes

T3+

Links- sowie rechtsseitig lotsen Spuren um die Steinerne Agnes hoch zum begehrten Ausguck. Dabei entspricht das Gelände einem zusammengeklebten Sandhaufen - dessen oberste Schicht sich unter Druck in kleinste Partikel auflöst. Eine stabile Auflage? Fehlanzeige!

Des Weiteren glänzt das Areal mit einer Neigung, in der man nicht mehr stehen kann. Beidseitig sucht man verzweifelt nach Tritten und Griffen. In gänzlicher Abwesenheit derer, bleibt nur die Krummholz-Umrahmung als Haltemöglichkeit. Im Klimmzug der Hände, ferner mit enormer Reibung unter den Fußsohlen, hievt man sich hier im Eiertanz empor. Als Belohnung für die Turnerei bekommt man dafür den Idealblick auf eines von Bayerns schönsten Geotopen - in Umrahmung von Watzmann, Hochkalter und Co.

Alle, die sich den Aufstieg zur Aussichtswarte nicht antun möchten, empfehle ich die Wanderung Richtung Karkopf (beschildert) für wenige Minuten weiter zu verfolgen. Er führt zunächst abwärts in eine Mulde, jenseitig wieder aus dieser heraus. Am Punkt des Mulden-Ausstiegs lohnt sich ein Blick zurück. Aus dieser Perspektive zeigt sich nun die Agnes in ihrer bekannten Form - wenn auch nicht so nahe wie vom Ausguck hinter ihr.

Tourenbeschreibung: Abstieg

Möchte man langweilige Forstwege meiden, bietet das Gebiet leider keine Möglichkeit für eine sinnvolle Rund-Wanderung. Was bleibt ist die Retoure über die Aufstiegsroute. Als kleinen Tipp für den Rückweg möchte ich noch den Besuch einer kleinen Aussichtskanzel nennen: Wenn der Rückweg auf Höhe des Schwarzenbergs von West auf Nord dreht, findet sich rechter Hand ein kleiner Geländebalkon (Pfadspuren). Dessen Rücken bietet tolle Impressionen auf die Schlafende Hexe, ihren Hals (den Rotofensattel), die Rotofentürme und den Signalkopf, den wir vorher erstiegen haben.

Autor (Bilder und Texte): Andreas

Bewertung

Bergtour
Mittlerer Rotofen-Steinerne Agnes
Vom Rotofensattel über den Mittleren Rotofen zur Steinernen Agnes
Die Schlafende Hexe mit dem Mittleren Rotofen (links - der Busen)
Natur:
Schauwerte:
Erlebnisfaktor:
Einsamkeit:
Gesamt:
3 / 5
Kurze, abwechslungsreiche Bergtour im wunderschönen Lattengebirge.
Info zum Bewertungsschema

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