Vom Kleinen Griesner Tor über den Normalweg auf das Lärcheck
T5 II CSehr schwere Bergtour
Inhaltsverzeichnis
Du bist erfahrener Bergsteiger, meisterst Touren im II. Grad wie Andere einen Sonntagnachmittagsspaziergang durch den Stadtpark?
Ausflüge in den Schlangen des Massentourismus, auf überlaufene Modeberge sind für dich ein Graus - es gibt nichts Schlimmeres für dich?
Dafür liebst du schwere Unternehmungen in ungezügeltes Alpingelände - Touren in völliger Einsamkeit, zu Gipfeln die kaum Besuch bekommen?
Du möchtest mal wieder deine Grenzen ausloten, dein bergsteigerisches Können prüfen, dein Tourenbuch mit einem Highlight bereichern?
Wenn du alle Fragen mit Ja
beantwortet hast, dann ist die Bergtour auf das Lärcheck genau dein Ding!
Der Osten des Wilden Kaiser steht im krassen Kontrast zu den Touristenströmen die an der Griesner Alm Fahrt zum Stripsenjochhaus oder mit Tendenz Steinerne Rinne aufnehmen. Während die Menschenschlange hier kein Ende zu nehmen scheint, wird es in Richtung Griesner Kar/Fritz-Pflaum-Hütte sehr schnell sehr einsam. Ist die Entscheidung für den alternativen Aufstieg über das urtümliche Kleine Griesner Tor gefallen, bewegt man sich sogar in Abwesenheit (fast) jeglichen Lebens.
Das Lärcheck (auch als Lärchegg oder Lärcheggspitze bezeichnet) ist DAS Ziel oberhalb des Kleinen Griesner Tor.
Trotz seiner bescheidenen Höhe von wenig über 2.100 Meter ist es ein echter Wilder Kaiser
- ein Dorn, der seinen höheren Trabanten (Maukspitze, Ackerlspitze, etc.) in nichts nachsteht:
Abgelegen, schwer zu erreichen, bereits auf dem (hier beschriebenen) Normalweg Schwierigkeiten die das obere Ende der Bergtourenskala tangieren.
Hier wird einem nichts geschenkt - jeder Höhenmeter muss hart erarbeitet werden.
Neben viel Felserfahrung, sowie einer unbändigen mentalen Stärke, braucht es vor allem dicke Oberschenkel um diese alpine Tour zu überstehen. Das Gelände ist bereits ab dem Kaiserbachtal sehr, sehr steil - und das ohne Unterbrechung bis zum Gipfel. Die deftige Geländeneigung wird auf weiter Strecke von einer kugellagerartigen Geröllauflage gewürzt - die unsere Beinmuskulatur zum glühen, unsere Lungen zum brennen, unseren Willen zum brechen bringt. Erst nach erfolgreichem Gipfelsturm erweist sich der Anschluss zur Fritz-Pflaum-Hütte als Linie der Entspannung und des Genusses. Insgesamt ein Abenteuer nur für leidensfähige Bergsteiger - zudem alles andere als massenkompatibel.
Die Bergtour über den Normalweg auf das Lärcheck entspricht der Tourenkategorie Leichte Klettertouren
.
Anforderungen/Schwierigkeiten
Selbst der Aufstieg über den Normalweg auf das Lärcheck ist vogelwild, extrem kraftraubend und stellt unser komplettes bergsteigerisches Können auf die Probe. Bereits ab dem Kaiserbachtal dominiert heftig geneigtes Gelände mit nur wenigen flachen Passagen. Oberhalb des Kleinen Griesner Tor müssen wir dem Berg 250 Höhenmeter im Steilgeröll mühsam abringen. Es folgt ein sehr anspruchsvoller Anschluss über brüchigen Fels zum Gipfel. Dabei ist eine extrem steile Rinne mittels Drahtseile gesichert. Trotz der künstlichen Aufstiegshilfen ist diese nicht einfach zu begehen (B), ist zudem im Ausstieg atemberaubend ausgesetzt (Stelle C). Unterhalb des Gipfel unpräpariertes, luftiges Felsgelände, welches nur auf allen Vieren gemeistert werden kann (bis II). Neben dem hohen technischen sowie konditionellen Niveau, ist die Gipfelroute ab dem Kleinen Griesner Tor nur dürftige markiert - fordert also unseren Spürsinn nach der leichteste Linie. In der Bilanz kann diese Expedition nur den Experten empfohlen werden. Keinesfalls ist es eine Wanderung oder ein Klettersteig!
Ausgangspunkt
AT-6382 Kirchdorf in Tirol
Kaiserbachtal 6
Parkplatz an der Griesner Alm
GPS-Koordinaten:
Breitengrad: 47.580080
Längengrad: 12.331270
Hütten/Einkehr
Griesner Alm
Fritz-Pflaum-Hütte (Selbstversorgerhütte)
Orientierung
Der Aufstieg von der Griesner Alm zum Kleinen Griesner Tor ist beschildert und gut markiert. Vom Kleinen Griesner Tor zum Gipfel des Lärcheck nur dürftige Steigspuren, wenige Steinmänner sowie vereinzelte, verblasste Farbpunkte. Die Fortsetzung zur Fritz-Pflaum-Hütte wird dagegen tadellos angezeigt.
Ausrüstung
Wissenswertes
Für alle Cracks denen die Lärcheck-Normalroute zu zahm
ist, bietet die Aufstiegsvariante über das Nördliche Griesschartl selbst den hartgesottesten Genossen Erfüllung in seinem Streben.
Dafür dreht man nach der 250-Höhenmeter-Geröll-Tortur nicht links in den Normalweg, sondern klettert geradeaus empor in die Griesscharte (ca. 100 Hm).
Von dort über Bänder und Rinnen hinauf zum Gipfel.
Diese Variante ist unmarkiert, enthält mehrere kurze Stellen im unteren III. Grad, ist mit T6-äußerst schwierig zu bewerten.
Von der Griesner Alm zum Kleinen Griesner Tor
T3+
Westlich der Griesner Alm (990 m) den Kaisertalbach überqueren, an der folgenden Gabelung linker Hand abbiegen (Wegweiser Griesenau
).
Die planierte Wanderpromenade windet sich in Schleifen talwärts, vorbei an zahlreichen Sitzbänken nebst originellen Spielmöglichkeiten für Kinder.
Nach circa 1 km dürfen wir unsere Anschluss (900 m) rechtsseitig zum Kleinen Griesner Tor nicht verpassen (Beschilderung Lärcheggspitze
, Weg 816).
Durch lichten Wald zu einem schmalen Schuttstrom.
Einige Metern weiter den Geröllfluss linksschwenkend verlassen - zum Beginn der Schrofen.
Ein Drahtseil zeigt den Einstieg in die erste Steilstufe.
Die Sicherung im Zick Zack hinauf hangeln. Das Kabel endet abrupt, entlässt uns in rustikales Gefilde. Mühevoll der augenscheinlichen Spur nachlaufen - hinweg über loses Gestein, grobe Felsblöcke, sperriges Krummholz und wieder loses Gestein. Ein Geröllfeld wird zu einer eindrucksvollen Felsmauer gequert. An dessen Rand entgegen der Schwerkraft bergauf, oben rechtsschwenkend unter Einsatz der Hände ausscheren. Vermehrt auf allen Vieren gegen das Latschengefälle ansteigen - hinauf zur Steinwüste des Kleinen Griesner Tor (ca. 1.600 m).
Vom Kleinen Griesner Tor über den Normalweg auf das Lärcheck (Lärchegg)
T5 II C
Auf der linken Seite findet die Lärcheck-Gipfelführe (der Normalweg) Fortsetzung.
Diese sieht alles andere als einladend aus:
Steilgeröll, das sich vom Nördlichen Griesschartl nach unten ergießt.
Wir fädeln ein, laufen... ähm... eiern gegen die Steinhalde an.
Der untere Teil glänzt
durch Abwesenheit einer nachvollziehbaren Aufstiegslinie.
Legen wir eben eine eigene an.
Was für eine Schinderei!
Gegen Ende des ersten Drittel erfährt unsere Tortur etwas Linderung:
Am Untergrund zeichnet sich tatsächlich noch eine Steigspur ab - auf der komfortabel
gegen den Schutt angestiegen werden kann.
Unterhalb des Nördlichen Griesschartl darf der Ausstieg (ca. 1.870 m) nicht verpasst werden: Mittels eines schmalen Bandes (rote, verblasste Markierung) wird linksseitig in die brüchigen Schrofen gequert - und vorwärts zu einem markanten Felsturm gegangen. Rechts davon hinab in eine Mulde. Jenseits in zerborstenem Fels wieder aufwärts. Rechtsseitig öffnet sich eine breite Rinne, markiert von einem roten Klecks. Dies ist die alte Route - aufgegeben wegen extremer Steinschlaggefahr. Links daran vorbei kraxeln, bergan zu einer weiteren schmalen Furche mit beginnender Drahtseilsicherung. Das Kabel hängt allerdings so hoch, das erst etwas geklettert werden muss um es greifen zu können.
Die Felsspalte ist alles andere als leicht zu begehen - trotz der Kabelunterstützung. Das Gestein ist oft spärlich an Tritten. Gebührende Fußsohlenreibung, sowie kraftvoller Arm-Seil-Schub ist die richtige Wahl der Mittel. Am Ende der Rinne linkshaltend hinaus queren. In atemberaubender Ausgesetztheit um einen lotrechten, glatten Abbruch herum hangeln (C). Ohne Klettersteigset ein heftig intensiver Moment der sich nachhaltig in unser Gedächtnis einbrennen wird. Und es wird nicht leichter: Es folgt eine (normgerecht rechtwinklige) Stufe, an der vergebens Halt für unsere Füße gesucht wird. Ein weiterer Höhepunkt im Adrenalinrausch. Oberhalb enden abrupt die Sicherungen - an einem grünen Balkon, lieblich wie Garten Eden (ca. 1.990 m).
Puh, erst mal sammeln!
Okay... weiter!
Rechtshaltend zu einer kleinen Scharte (hier fädelt rechtsseitig der alte, aufgegebene Kurs ein).
Jenseits ins Grasgeschröf, im I. Grad rauf zu einem... ach nö, nicht schon wieder... Geröllfundament.
Der lose Spaß
ist diesmal schnell Vergangenheit, endet zwischen dem Nord- und Hauptgipfel.
Rechter Hand schließt der finale Aufschwung zum Dach an.
Eine steile, wenig grifffreudige Verschneidung empor (II).
Darüber linksdrehend in leichter Kletterei (I) hinauf:
Halleluja... endlich sind wir am Gipfel des Lärcheck (2.123 m) angekommen!
Abstieg zurück zum Kleinen Griesner Tor - oder auch Herr Ober, bitte noch mal das Selbe
.
Jawohl, es gibt keine andere Wahl:
Arschbacken zusammenkneifen und vom Lärchegg-Gipfel via Aufstiegskurs retour.
Vom Kleinen Griesner Tor zur Fritz-Pflaum-Hütte
T2Vom Kleinen Griesner Tor mittels ausgeprägter Pfadspur in südliche Tendenz laufen. Üppig markiert gegen das wellige Terrain, zuletzt sanft ansteigend um den eindrucksvollen Mitterkaiser. Die Abzweigung in Richtung Ackerlspitze unbeachtet lassen, im Rechtsbogen hoch zur Fritz-Pflaum-Hütte (1.866 m; Selbstversorgerhütte).
Von der Fritz-Pflaum-Hütte zurück zur Griesner Alm
T2Unterhalb der Fritz-Pflaum-Hütte in den Weg 815 einscheren. Auf komfortablem Steig das Große Griesner Tor abwärts wandern. Unterhalb der Waldgrenze verbindet sich unsere Route mit der Touristentrasse des Stripsenjochhaus (ca. 1.190 m). Rechtshaltend talwärts, in gemütlicher Wanderung zurück zur Griesner Alm.
Autor (Bilder und Texte): Andreas
Bewertung
Reviewer: Andreas